Meine erste bewusste Erfahrung mit dem Bärenreiter-Verlag hatte ich während meines Gesangstudiums mit Glucks bekanntester Oper „Orfeo ed Euridice“. Leider war mir die ursprüngliche Wiener Fassung zu tief. Aber ich hatte „Glück im Gluck“ sozusagen: während meiner Recherchen zu seinen Reformopern, stellte ich fest, dass es noch eine andere Fassung davon gab – und zwar die spätere Parma-Fassung, die für einen anderen Sänger (Kastraten) geschrieben wurde und letztendlich viel besser zu meiner Stimme passte. Wie es der Zufall wollte, war der Bärenreiter-Verlag damals damit beschäftigt eine Vorabpartitur von genau dieser Fassung zu edieren und war so freundlich mir das Notenmaterial auszuhändigen. Et voilà: der „Orfeo“ aus Parma war nun um eine Quart nach oben transponiert und passte wunderbar zu meiner Stimme 😊. 

Zumal ich mich als Countertenor besonders mit der historischen Aufführungspraxis beschäftige, sind mir die Bärenreiter Urtext-Ausgaben von unvorstellbarem Wert, weil sie mir helfen den Entstehungsprozess der Werke zurückzuverfolgen und somit das Stück zu neuem Leben zu erwecken und zum Klingen zu bringen. 

Dadurch entsteht für mich als Interpret eine besondere Nähe zum Komponisten, als hätte Gluck die Parma-Version extra für mich komponiert.

Valer Sabadus
Countertenor